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JOHANN AGRICOLA AUS EISLEBEN                      KOHELET IM GESPRÄCH.
            (CA. 1494–1566). VOM FREUND ZUM                   EXEGETISCHE UND WIRKUNGS-
            GEGNER DER WITTENBERGER                           GESCHICHTLICHE PERSPEKTIVEN

            16.–18.03.2023, Tagung                            07.-09.09.2023, Symposion
            Veranstaltungsort: Leucorea in Wittenberg         Veranstaltungsort: Universität Bonn
            Kooperationsveranstaltung des Instituts           Benedikt Brunner (IEG), Carina Baedorf und
            für Kirchengeschichte der Universität Leipzig,    Markus Saur (beide Universität Bonn)
            der Stiftung LEUCOREA und des IEG
            Armin Kohnle (Leipzig), Irene Dingel,
            Henning P. Jürgens (IEG)                          Im Blick auf die Rezeption des Koheletbuches sind die
                                                              Forschungsdesiderata noch immer überaus zahlreich.
                                                              Inwiefern die alttestamentliche Weisheitsliteratur
            Die XV. Frühjahrstagung zur Geschichte der Witten-  eine wichtige Quelle für die reformatorische und
            berger Reformation stellte mit Johannes Agricola   nachreformatorische Ethik war, wurde im Rahmen
            wieder einen der Reformatoren des Wittenberger    der geplanten Tagung im Dialog mit der gegenwärti-
            Netzwerks in den Mittelpunkt. Allerdings einen,   gen Koheletexegese diskutiert.
            dessen theologische Positionen ihn schon zu Luthers   Im Verlauf der Tagung wurden zu diesem Zweck exe-
            Lebzeiten und mehr noch danach in Widerspruch und   getische und theologie­ bzw. kirchengeschichtliche
            Konflikt zu seinen anfänglichen Mitstreitern geraten   Beiträge miteinander in ein Gespräch gebracht. Nach
            ließ. Gegliedert nach den biographischen Stationen   einer breit angelegten Einführung in die Thematik
            Agricolas in Wittenberg, Eisleben und Berlin unter-  aus exegetischer und kirchengeschichtlicher Pers-
            zogen die Referentinnen und Referenten Agricolas   pektive standen drei Themenstränge im Zentrum der
            Leben und Wirken einer gründlichen, quellenorien-  Tagung: Zum einen das hæbæl­ bzw. vanitas-Motiv,
            tierten Revision. Sie bewerteten seine erfolgreichen   zum anderen das Menschenbild und zum Dritten die
            exegetischen und katechetischen Schriften neu, un-  Zeitperspektiven des Koheletbuches. Die thema-
            tersuchten aber auch sein kirchenpolitisches Handeln   tische Konzentration diente dazu, sich nicht in der
            und seine eigenständigen Auffassungen im sogenann-  Weite des Denkens Kohelets zu verlieren, sondern
            ten antinomischen Streit. Diese Auffassungen hatten   am Beispiel von drei wichtigen Themenbereichen
            ihn in Kontroversen mit Luther und Melanchthon    Denklinien Kohelets und seiner Leserinnen und Leser
            geführt.                                          herauszuarbeiten.
            Zahlreiche der 18 Beiträge nahmen Gegenstände in
            den Blick, die in der bisherigen Forschung vernach-
            lässigt worden waren und zeichneten ein kritisches,
            aber nuanciertes Bild eines eigenständigen und
            selbstbewussten Theologen der Reformationszeit.
            Die Vorträge werden in einem Sammelband in der
            Reihe der Leucorea­Studien publiziert.






























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