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FORSCHUNGSBEREICH 1
PLURALISIERUNG UND MARGINALITÄT
Die Beteiligten des Forschungsbereichs 1 widmeten Der Forschungsbereich hat in den vergangenen sechs
sich dem spannungsgeladenen Verhältnis von Margi- Jahren beispielhaft erforscht, welche Strategien der
nalität und gesellschaftlichreligiöser Pluralisierung Differenzherstellung die historischen Akteure im Um-
in der europäischen Geschichte. gang mit Marginalität wählten, sowohl auf Seiten der
Mehrheitsgesellschaft als auch auf Seiten der rand-
»In Vielfalt geeint« – diese Formel reklamieren Befür- ständigen Einzelnen und Gruppen. Die Forschungen
wortende der europäischen Einigung als Signum der haben aufgezeigt, dass ein dynamisches Zusammen-
europäischen Gegenwart. Von ihrer Problematisie- spiel von Selbstverortung und Fremdbestimmung
rung ausgehend, stand der sich wandelnde, häufig diese Prozesse kennzeichnete. Dabei wurden sie kei-
konflikthafte Umgang mit Prozessen von Pluralisie- neswegs ausschließlich durch die Mehrheit definiert.
rung im Mittelpunkt der Forschungsarbeit. Unter- Vielmehr standen institutionellen Regelungsmecha-
sucht wurde dieser Umgang anhand der Bedeutung nismen, die auf Konfliktsituationen reagierten, häufig
von Marginalität für die Prozesse der Pluralisierung eigenständige Artikulationspraktiken von marginali-
und der Differenzierung. Wie wandelte sich histo- sierten Gruppen oder von deren Fürsprechern gegen-
risch die Konstruktion und Wahrnehmung kulturel- über. Diese Dynamik von Marginalität und Pluralisie-
ler, sozialer und religiöser Vielfalt? Wie wandelte rung wurde auf historisch zentralen Themenfeldern
sich der Umgang damit? Welche Rolle übernahmen exemplarisch und epochenübergreifend untersucht.
diejenigen, die nicht als Teil der Mehrheit verstanden Mit dem Ablauf des Jahres 2023 wurden die gemein-
wurden oder sich selbst nicht als solche verstanden? samen Forschungen des Bereichs abgeschlossen.
Sprecher (2023): Henning P. Jürgens