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EUROPÄISCHE RELIGIONSFRIEDEN: »STAATSKATHOLIEKEN EN ROOMS-
RECHTLICHE ORDNUNGSMUSTER KATHOLIEKEN«: DIE KATHOLISCHEN
KONFESSIONELLER VIELFALT IM LAIEN UND DAS SCHISMA IN DER
VERGLEICH KATHOLISCHEN KIRCHE IN DER
NIEDERLÄNDISCHEN REPUBLIK
Christopher VoigtGoy (UM 1650–CA. 1750)
2018–2020 Institutionelle Förderung,
seit 2020 Drittmittel Jaap Geraerts
Seit 2019
Institutionelle Förderung
Eine besondere Herausforderung für die Friedens-
wahrung und Friedensstiftung zwischen 1500 und
1800 stellte die Bewältigung derjenigen Konflikte Das Projekt untersucht Prozesse der Fragmentierung
dar, die seit der Reformation aus der konfessionellen und Pluralisierung sowie religiöse Toleranz am Bei-
Pluralisierung Europas entstanden waren. Für diese spiel des Schismas in der katholischen Kirche in der
Bewältigung waren rechtspolitische Regelungen niederländischen Republik des 18. Jahrhunderts.
konfessioneller Koexistenz von zentraler Bedeutung. Im Fokus stehen die Entscheidungen katholischer
Für sie hat sich in der Forschung die Bezeichnung Lai:innen für eine der beiden konkurrierenden
»Religionsfrieden« etabliert. Das Projekt untersucht katholischen Kirchen in verschiedenen niederländi-
solche europäischen Religionsfrieden in vergleichen- schen Städten und Dörfern. Diese lokalen Muster der
der Perspektive: Im Mittelpunkt steht die Frage, wie intrakatholischen Konfessionszugehörigkeit setzt es
einzelne Religionsfrieden bzw. ihre Regelungen in an- mit der generellen Entwicklung des Schismas in der
deren Religionsfrieden als Vorbilder benutzt wurden. ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Beziehung.
Derartige »Demonstrationseffekte« schließen einer- Das Projekt nutzt Daten aus einer Reihe von seriellen
seits die Ein und Anpassung der Regelungen in die Quellen wie Tauf und Heiratsregistern, und ver-
jeweiligen politischen, kirchlichen und gesellschaft- knüpft sie in einer Graphdatenbank. Mit dem Einsatz
lichen Kontexte der Rezipienten ein. Andererseits digitaler Methoden, einschließlich DataMining und
machen sie darauf aufmerksam, dass die rechtlichen Netzwerkanalysen, wird der Prozess der Entschei-
Ordnungsvorstellungen miteinander verbunden sind. dung analysiert. Andere, qualitative Quellen helfen,
In dieser Perspektive wird die Entwicklung der Reli- die weiteren Kontexte, in denen der Prozess der
gionsfrieden bis zum Ende des 18. Jahrhunderts als religiösen Entscheidung stattgefunden hat, zu unter-
ein gesamteuropäischer Prozess der immer wieder suchen. Gleichzeitig kann dieser Ansatz das Wissen
umstrittenen Gewährung »staatlicher« Toleranz und über die Art und Weise wie Lai:innen das Schisma
religiöser Freiheitsgarantien analysiert. Das Projekt erlebt haben, vertiefen.
wird seit 2020 im Rahmen des Langzeitvorhabens Im Jahr 2023 schloss Jaap Geraerts zwei Kapitel
»Europäische Religionsfrieden Digital – EuReD« des seines Buches im Entwurf ab und setzte die Archiv
Akademienprogramms der Union der deutschen Aka- recherche für die restlichen drei Kapitel fort. Der
demien der Wissenschaften bearbeitet. Im Jahr 2023 Band »Early Modern Toleration. New Approaches«,
wurden weitere Quellenstudien betrieben. hg. von Jaap Geraerts mit Benjamin J. Kaplan, er-
schien im August 2023 (s.S. 12f.►). Außerdem wurde
mit Demival Vasques Filho ein Artikel zur Methodik
des Projekts verfasst.
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