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LEIBNIZ-FORSCHUNGSVERBUND                         Research Hub 1 Evidenzregime
            »WERT DER VERGANGENHEIT« –                        Lab 1.1 Sprache, Performanz und Sinnwelt
            BEITRÄGE DES IEG                                  Projekt »Frühe Zeit­Zeugen: Erinnerung und Evidenz
                                                              in religiösen (Auto­) Biografien der Frühen Neuzeit«
            Der Leibniz­Forschungsverbund »Wert der Vergan­
            gen heit« untersucht Wertbildungsprozesse und Wer-  Benedikt Brunner
            tekonkurrenzen in gesellschaftlichen Auseinander­
            setzungen über die Vergangenheit. In der ersten
            Förderphase des Verbunds (September 2021 bis      Lab 1.1 Sprache, Performanz und Sinnwelt
            August 2025) bringt sich das IEG mit der übergreifen-  Projekt »Ethnographische Beziehungsdinge:
            den Frage ein, wie eine »europäische« Vergangenheit   Völkerkundliche Sammlungen als Kristallisations-
            in verschiedenen Epochen und nationalen Kontexten   punkte kommunalen und (post­) kolonialen
            konstruiert und normativ mit Bedeutung aufgeladen   Weltbezugs«
            wurde. Im Verbund ist das IEG in fünf der neun Re­
            search Labs mit eigenen Projektbeiträgen vertreten,   Bernhard Gißibl
            die systematisch europäisch­vergleichende, epochen-
            übergreifende und interreligiöse Entwicklungen ein-  In vielen Städten Deutschlands ist in den letzten
            beziehen. In der Zusammenarbeit im Verbund setzt   Jahren eine verstärkte Auseinandersetzung mit dem
            sich das IEG zudem kritisch mit politischen Ansprüchen   kolonialen Erbe vor Ort zu beobachten. Die im Lab
            und Forderungen an Europa als Wertegemeinschaft   »Dynamische Räume« des Leibniz­Forschungsverbun-
            auseinander, die mit historischen Argumenten      des organisierte Sektion auf dem Leipziger Histori-
            legiti miert werden. Das Institut thematisiert in die-  kertag 2023 verglich die Aufarbeitung dieser »Koloni-
            sem Forum also auch die Wechselbeziehung zwischen   alismen vor Ort« exemplarisch am Beispiel von Berlin,
            (historischer) Forschung und politisch­gesellschaftli-  Hamburg, Leipzig, Mannheim sowie der Region Thü-
            chen Debatten über Gegenwart und Zukunft Europas.  ringen. Die Vorträge profilierten den Kolonialismus
                                                              als ein städtisches Phänomen, das von der imperialen
            Zur Website:                                      Weltläufigkeit bildungs­ und wirtschaftsbürgerlicher
            URL: <https://www.leibniz-wert-der-vergangenheit.de/>  Eliten ebenso geprägt war wie von der Alltags­ und
                                                              Konsumkultur breiter Bevölkerungskreise. Deutlich
            Zum Blog des Leibniz­Forschungsverbunds           wurden einerseits die Vielfalt an universitären, mu-
            »Wert der Vergangenheit«:                         sealen und zivilgesellschaftlichen Akteuren, die sich
            URL: <https://valuepast.hypotheses.org/>          um die Aufarbeitung bemühen, andererseits auch
                                                              die Unterschiede, was die Einbindung der jeweiligen
                                                              Stadtgesellschaften anbelangt.




                                                              Research Hub 2 »Raumzeitliche Ordnungsmuster«
                                                              Lab 2.1 Dynamische Räume, Koordination:
                                                              Joachim Berger (IEG) und Christoph Bernhardt (IRS)
                                                              Projekt »Nach der Eroberung: Das Osmanische
                                                              Reich und das spanische Imperium im Vergleich
                                                              (Geschichte und Erinnerung)«
                                                              Denise Klein, Thomas Weller:


                                                              Am 12. und 13. Mai 2023 fand im Rahmen des Pro­
                                                              jektes der Workshop »Post­Conquest Materiality:
                                                              Objects in the Histories of the Ottoman and Spanish
                                                              Expansions« am IEG in Mainz statt, organisiert von
                                                              Denise Klein und Thomas Weller (beide IEG) mit
                                                              Barbara Henning (JGU) und Richard Herzog (JLU
                                                              Gießen). »Post­Conquest Materiality« war der zwei-
                                                              te Workshop einer IEG­Forschungsinitiative, die
                                                              die Erinnerung an die osmanischen und spanischen
                                                              Eroberungen in der Frühen Neuzeit sowie deren Orte



        64  IEG-Jahresbericht 2023 | Forschung
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